Die Vision
In einer Vision der indigenen Völker Amerikas heißt, es, dass einst Adler und Kondor gemeinsam wie Brüder miteinander lebten. Sie jagten gemeinsam, teilten ihre Beute und schliefen im selben Nest. Sie waren immer füreinander da, wenn es dem Anderen mal nicht gut ging. Eines Tages geschah jedoch Etwas, dass die beiden voneinander trennte und seitdem leben beide für sich – der Adler in Nordamerika und der Kondor in Südamerika. Laut dieser Prophezeiung soll auch eine neue Zeit anbrechen, wenn Adler und Kondor wieder zusammen fliegen und wieder wie Brüder zueinander sind. Wenn diese Zeit gekommen ist, wo der der Adler des Nordens mit dem Kondor des Südens zusammentrifft und beide miteinander fliegen, dann – so heißt es – entdecken die Menschen die Liebe zur Natur und die Verbundheit allen Lebens wieder, kommen in Frieden mit sich selbst und anderen und kehren zum Ursprung zurück. Die Qèro- Indianer sind bereits dabei, diesen Tag vorzubereiten und der Ort der Wiedervereinigung soll Panama sein – zufällig ein Ort in Mittelamerika, der schon rein geographisch Nord- und Südamerika miteinander verbindet.
Symbolik
Betrachtet die man diese Prophezeiung symbolisch, dann zeigt sich, dass Adler und Kondor in der Vision für die „Eagle und Condor Nations“ Amerikas, d.h. Nord- und Südamerika stehen. Denn während der Weißkopfseeadler das Nationalsymbol der Vereinigten Staaten von Amerika repräsentiert, so repräsentiert der Andenkondor als Nationalsymbol viele Staaten Südamerikas. Der Kondor ist quasi der König der Lüfte über den Anden und der Adler der König der Lüfte über den Rocky Mountains. So ziert der Kondor als Wappen u.a. die Flaggen der Andenstaaten Bolivien, Chile, Ecuador und Kolumbien, wohingegen der Adler als Wappen auf den Flaggen der Bundesstaaten Mississippi, New York, Nord-Dakota, Illinois und Utah zu sehen ist.
Die Erfüllung dieser Vision weist – metaphorisch und objektiv betrachtet – auf die selbstverständliche und gesunde Verbindung von Leben und Tod, Tag und Nacht und der vielen verschiedenen Völker (Europäer, Asiaten, Indios, Afrikaner usw.) der Erde hin. Ursprünglich bezieht sich die Vision allerdings „lediglich“ auf die Vereinigung der Völker von Nord- und Südamerika.
Adler und Kondor in der Mythologie
Der erste Schamane auf der Erde soll laut dem Tengrismus der Mongolen ein Adler gewesen sein, der von den sieben Himmelsgeistern der Pleiaden geschickt wurde.
Die Dakota, Lakota und Nakota sahen im Adler den Boten des Großen Geistes, der mit der mit der Sonne verbunden ist, die wiederum für den Großen Geist (Gott) steht. Demnach symbolisierte er für sie Schönheit, Schöpferkraft und Schutz, aber auch Spiritualität, Führung und Verstand. Deshalb wird ihm seit jeher auch der Tag als energetische Qualität zugeordnet.
Im nordamerikanischen Medizinrad ist der Adler deshalb dem Osten und damit dem Großen Geist zugeordnet, im südamerikanischen Medizinrad hingengen ist der Kondor dem Osten zugeordnet und mit dem Sonnengott Inti verbunden, der mit dem Großen Geist gleichzusetzen ist.
Die Inka glauben, dass die Welt in drei Ebenen unterteilt ist: die Mittlere Welt (dort leben die Menschen), die Obere Welt (dort wohnen die Götter) und die Untere Welt (dorthin kommen die Toten). Die Schamanen der Inka glauben, dass der Kondor das einzigste Wesen ist, dass alle drei Ebenen anfliegen und die Seelen der Toten auf seinem Rücken in die Untere Welt fliegen kann, damit sie Frieden finden.
Nach dem germanischen Glauben soll es einen mächtigen Adler geben, der in den Wipfel des Weltenbaumes sitzt und das Weltgeschehen beobachtet. Bei den Kelten wiederum steht der Adler unmittelbar mit dem Sonnengott Lugh in Verbindung.