Für viele NatUrvölker ist die Sonne nicht einfach nur ein glühender Himmelskörper oder eine Energiequelle, die andere Planeten mit Licht und Wärme versorgt, sondern ein ebenso lebendiges Wesen wie die Erde. Ohne Sonne gäbe es kein Leben auf Mutter Erde und auch keine Kinder, das heißt, die Sonne macht die Erde erst fruchtbar. Aus diesem Grund wird in vielen NatUrreligionen die Energie der Sonne als männlich angesehen und verkörpert damit als männliches Gegenstück zu Mutter Erde, den Vater Sonne. Von der Schöpfungsgeschichte auf der Grundlage des Medizinrades wissen wir, dass erst als Mutter Erde und Vater Sonne sich liebten, das Leben auf der Erde entstand.
Seht, Brüder, der Frühling ist gekommen. Die Erde wird von der Sonne umarmt, wir werden bald die Ergebnisse dieser Liebe sehen. Jedes Samenkorn ist erwacht, genauso jedes Tier. Durch diese geheimnisvolle Kraft erhalten auch wir unser Leben.(Sitting Bull)
Doch nicht nur im Frühling, sondern auch jeden Tag aufs Neue weckt Vater Sonne mit seinen wärmenden Strahlen Mutter Erde und ihre Kinder sanft aus ihrem Schlaf. Ist das nicht eine wunderbare Liebeserklärung – an uns alle? Mutter Erde und Vater Sonne sind also eine Art göttliches Paar, wenn man es so will. Und so wurde die Sonne für naturverbunde Völker automatisch zum Vater ihres Lebens. Das Christentum hat die Vorstellung eines Sonnengottes später leicht verändert von den NatUrvölkern übernommen und aus dem Sonnengott des Sohn Gottes gemacht, der mit Himmel und Sonne ebenso untrennbar verbunden ist, wie ursprünglich der sog. Vater Sonne.
Wir müssen die Wärme der Sonne im Herzen bewahren, wenn wir ein Licht für die Welt sein wollen.
Symbolik der Sonne
Die Sonne spielt seit jeher bei vielen NatUrvölkern eine zentrale Rolle. In Nordmamerika gibt es ihr zu Ehren den Sonnentanz der Lakota, den Sonnengesang der Navajos und eine Cheyenne Sonnentanzhütte. Aus der griechischen Mythologie wissen wir, das eine Espe als Wächterin der Wiedergeburt der Sonne am Grab des kretischen Sonnengottes Valkhanos stand. Dieser wiederum kann als Vorlage zum römischen Feuergott Vulkan betrachtet werden, der unmittelbar mit dem Feuer und der Sonne verbunden war.
In der germanischen Mythologie gilt Baldur aus Asgard (der oberen Welt) als Personifizierung der Sonne und steht damit unmittelbar mit den Sonnenwenden und der Götterdämmerung Ragnarök in Verbindung. Denn so wie auch Baldur gerade dann durch einen Mistelzweig getötet wird, wo er im Vollbesitz seiner Lebenskräfte (Erwachsen) ist, so verliert oder gewinnt auch die Kraft der Sonne genau dann ihre Leuchtkraft und Wärme, wenn sie am Höchsten steht und dadurch die Tage wieder kürzer oder länger werden – bei der Sommer-Sonnenwende am 21. Juni und bei der Winter-Sonnenwende am 21. Dezemeber.
Vater Sonne – Stein im Medizinrad
Da Vater Sonne das Leben und Fortbestehen auf der Erde überhaupt ermöglicht, gebührt ihm und seinem Himmel der 3. Stein im Medizinrad. Wir müssen erkennen, dass Vater Sonne und Mutter Erde uns bereits das Paradies geschaffen haben, nach dem wir uns so sehr sehnen. Nicht der Himmel, sondern die Erde ist das Paradies für das wir Verantwortung tragen. Und genau das ist auch der Aspekt von Vater Sonne im Medizinrad: Verantwortung. Wenn wir Verantwortung übernehmen und das uns gegebene Paradies schützen, wird es uns auch noch lange erhalten bleiben. Wenn wir lernen auf der Erde zu gehen und nicht zu trampeln, dann wird sie mit Hilfe von Vater Sonne auch wieder zum ursprünglichen Paradies werden.
Die Erde ist das Paradies, und wo du deinen Fuß auch hinsetzt ist heiliges Land.(Wilfried Pelletier, Ojibwa)